Wichtigste Aufgabe von Sportkreis und Sportkreisjugend Mannheim ist es, den Mitgliedsvereinen die bestmögliche Grundlage zur Ausübung ihres Sports und für ein gelingendes Vereinsleben zu schaffen. Dazu gehört, in verschiedenen Settings und in einem breiten Netzwerk immer wieder im Austausch zu sein und dabei die sportpolitischen Themen im Blick zu behalten. Aktuell beschäftigt die Vereine die Tatsache, dass sich die Umsetzung des Ganztagsförderungsgesetzes (GaFöG) massiv auf die Angebots- und Organisationsstruktur des gemeinnützigen organisierten Sports auswirken wird. Was lag also näher, als die fachliche Auseinandersetzung zu diesem Thema mit dem geselligen Beisammensein bei einem sportpolitischen Neujahrsfrühstück zu verbinden. Den Raum hierfür stellte der TV Waldhof zur Verfügung und dessen Team rund um Vorstand Dieter Heissler und Geschäftsführer Jürgen Kugler packte in der Vorbereitung und beim Event selbst kräftig mit an, wofür die Vorsitzenden des Sportkreises und der Jugend sehr dankbar waren.
Letztlich waren es über 100 Gäste, die von der Vorsitzenden der Sportkreisjugend Hannah Ziegler im Fred-Hauser-Saal begrüßt werden konnten, darunter zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter aus Vereinen, Politik, Kommunen und von Kooperationspartnern. In einem Impulsvortrag erläuterte die Sportkreisvorsitzende Dr. Sabine Hamann dann die Gesetzeslage und die Möglichkeiten für den Sport:
Wichtig wäre es eigentlich gewesen, die Frage, wie eine Umsetzung des Ganztagsförderungsgesetzes (GaFöG) in der Lebenswirklichkeit aussehen kann, vor der Verabschiedung eines solchen Gesetzes zu klären. Da dies jedoch nicht passiert ist und nun mit einer Vielzahl von Unbekannten umzugehen ist, sei es unerlässlich, nun zeitnah verbindliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Auch wenn bis zum Wirksamwerden des Gesetzes im Sommer 2026 noch zweieinhalb Jahre Zeit sind, rief sie die Vereine dazu auf, sich gemeinsam mit dem Sportkreis auf den Weg zu machen, um offene Fragen anzusprechen, daraus resultierende politische Forderungen zu stellen und mit den Beteiligten frühzeitig in einen offenen und konstruktiven Austausch zu kommen. Nur so sei es möglich, dass Sportvereine agieren können und nicht in die Situation kommen, re-agieren zu müssen.
Einige der Forderungen, die Sabine Hamann an die anwesenden politischen Vertreterinnen und Vertreter richtete:
"Unsere Vereine benötigen Rechtssicherheit: Die Übernahme von Aufgaben im Schulkontext ist nicht automatisch über den Satzungszweck von Sportvereinen gedeckt. Daher gilt es, zuallererst einmal die rechtliche Situation für Sportvereine und andere Bildungspartner nicht nur zu klären, sondern ohne jegliche Fallstricke unbürokratisch und gemeinnützigkeitsunschädlich auszugestalten.
Eine Ausweitung freiwilliger Mitarbeit im Ganztagsbetrieb der Schulen außerhalb des Kerngeschäfts der Vereine ist nicht wahrscheinlich. Klar ist damit, dass wir hier nicht von ehrenamtlich eingesetzten Übungsleitenden sprechen, wie sie der traditionelle Vereinssport kennt, sondern von hauptamtlich tätigen Kräften. Die Fragen der Qualifizierung, der Ausbildungsstandards und der Finanzierung dieser Kräfte ist zu klären. Hier ist insbesondere wichtig, dass eine vergleichbare Entlohnung aller in der Ganztagsbetreuung tätigen Kräfte erfolgt. Die Arbeitsgruppe 'Außerschulische Partner im Ganztag' hat im Jahr 2017 eine Berechnungsgrundlage für die Kooperation entwickelt und unter anderem mit dem Städtetag Baden-Württemberg in mehreren gemeinsamen Treffen abgestimmt. Es liegt nun eine angepasste Vorlage vom 10. August 2023 vor und eine der Forderungen des Landessportverbandes ist, diese Grundlage als verbindlich bei der Honorierung von Betreuungsmaßnahmen festzulegen.
Um unsere kleinen Sportvereine in ihrer derzeitigen Verfasstheit zu schützen, ist eine Ausweitung des Kooperationsprogramms Schule -Verein notwendig. Für große, professionell agierende Vereine bedarf es eines komplett neuen verbindlichen Förder-Modells für hauptamtliche Mitarbeit in der Ganztagsbetreuung. Und für diejenigen Vereine schließlich, die insbesondere über Freiwilligendienste und andere Formen der nebenberuflichen Mitarbeit den Schulen eine semiprofessionelle Unterstützung bieten können, sollten die Freiwilligendienste ausgeweitet und ggf. weitere Fördermodelle entwickelt werden.
Die ganztägige Bildung und Betreuung macht es erforderlich, auf die sich dadurch veränderten Tagesabläufe von Kindern und Jugendlichen zu reagieren. Es muss sichergestellt sein, dass Kinder, die Mitglied in einem Verein sind, während der Betreuungszeit einen verbrieften Rechtsanspruch haben, offizielle Vereinstrainings zu besuchen und Kinder im Leistungssport müssen ebenfalls immer mitbedacht werden. Sport und Bewegung dürfen durch die längere Verweildauer in der Schule nicht reduziert werden, die WHO-Forderung von einer mindestens 60minütigen Bewegungszeit pro Tag sollte ein Mindeststandard sein. Die Sportvereine nehmen hier eine zentrale Rolle ein und sollten als wichtige Bildungsakteure vor Ort systematisch einbezogen werden."
In einer anschließenden Diskussion ergänzten die eingeladenen Podiumsgäste das Themenfeld aus ihrer je eigenen Perspektive. Stefan Schmutz, Bürgermeister von Ladenburg, zeigte zunächst einmal auf, dass er den Begriff der "Ganztagsbetreuung" als nicht sehr glücklich gewählt erachtet. Eigentlich solle es doch um eine "ganztägige Bildung" gehen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Ganztagsförderungsgesetz als Resultat auf den PISA-Schock entstanden ist und es letztlich um höhere Bildungsstandards und eine Entkopplung des Bildungserfolgs vom Elternhaus geht. Er zeigte darüber hinaus aus der Perspektive des Schulträgers auf, dass das Gesetz für die Kommunen nicht mit den notwendigen Finanzmitteln hinterlegt sei und die Umsetzung vor Ort sich auch deshalb schwierig gestaltet. Nichtsdestotrotz geht die Stadt Ladenburg mit ihren Schulen und Vereinen das Themenfeld konstruktiv und engagiert an und Stefan Schmutz begrüßte in diesem Zusammenhang die frühzeitige inhaltliche Auseinandersetzung des Sportkreises mit dem Themenfeld.
Angela Speicher, Schulleiterin der Johannes-Kepler-Grundschule und zugleich geschäftsführende Schulleiterin der Mannheimer Grundschulen, blickt bereits auf langjährige Erfahrung im Ganztagsbetrieb zurück und zeigte auf, dass Bewegung, Spiel und Sport nicht unwesentlich an der Gestaltung von Ganztagsschulen beteiligt ist. Kooperationspartner und damit "die Welt" in die Schule zu holen, ist insbesondere in sozialräumlich herausfordernden Gebieten essentiell und so schilderte sie die Kooperationen bspw. mit dem VfR Mannheim als sehr gewinnbringend und betonte die Bedeutsamkeit der Rhythmisierung und den Einbezug von Sportelementen und Bewegung im Unterricht. Ihr Wunsch an die Vereine ist es, auf die Schulen zuzugehen und Angebote zu unterbreiten. Diese würden von Schulseite gerne angenommen und können bspw. auch in Form von monetarisierten Lehrerwochenstunden umgesetzt werden.
Aus Vereinssicht schilderten Alexander Erg, Geschäftsführer der TSG 1862 Weinheim e.V., Marco Cardona, Präsident des SV Sandhofen e.V. und Dr. Katharina Petri von der Interessengemeinschaft Sport Heddesheim Ihre Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Schulen, die sich gänzlich unterschiedlich, aber durchweg positiv gestaltet: während die TSG Weinheim bspw. allen Kindern in Klasse 3 ein Angebot zum Schwimmenlernen anbietet, das durch die Volksbank Kurpfalz gesponsert wird, übernimmt die IG Sport Heddesheim an einem Nachmittag die Betreuung aller Grundschulkinder auf dem eigenen Sportgelände. Der SV Sandhofen, ein noch vergleichsweise sehr junger Verein, ist über den Einsatz von FSJlern in eine intensive schulsportliche Arbeit eingestiegen. Alle drei betonten nicht nur die Bedeutung von Sport und Bewegung im Kindesalter, sondern zeigten auch die Möglichkeiten auf, die Sportvereine den Schulen hier eröffnen, wenn man sie einbezieht und klare Rahmenbedingungen für sie schafft.
Nach so viel Input war das anschließende Frühstück für alle mehr als verdient und die Gelegenheit, wieder ein bisschen in Bewegung zu kommen, auf Andere zuzugehen, Ideen mitzunehmen oder auch Inputs dazulassen, wurde gerne angenommen. "Wir haben uns über die große Teilnehmerzahl sehr gefreut und es war eine sehr gelungene Veranstaltung", resümierte Sabine Hamann, "klar ist aber auch, dass das nur ein erster Schritt auf einem langen Weg war, den wir nun gemeinsam gehen wollen."